– aus der linken DDR-Oppositions-Zeitung Umweltblätter, vom Mai 1989 –
Die Antipathie staatlicher Stellen gegen Punks dürfte bekannt sein. Dass deren antinazistische Haltung (zumindest in Einzelfällen, wie der folgenden) ebenfalls reglementiert wird, ist ein recht trauriger Beleg für den – offiziell so oft beteuerten – Antifaschismus unseres Staates. Ein wirklicher, d.h. ein Antifaschismus von Unten, mag er sich auch nur im Tragen von Symbolen äußern, wird bekämpft.
Dazu ein Beispiel: Jörg D., ein Pädagogik-Student, steht am Ostersonntag, der S-Bahn harrend, auf dem Bahnhof Lichtenberg. An seiner (Leder-)Jacke ein Aufnäher: Eine Hakenkreuz zerschmetternde Faust und die Aufschrift „Gegen Nazis“. Eine Gruppe von sechs Skinheads greift ihn an, will den Aufnäher „entfernen“, weil sie „als .Deutsche etwas dagegen hätten“. Jörg flüchtet zum TraPo-Gebäude, zwei Skins bleiben ihm dicht auf den Fersen. Ein TraPo (Transportpolizei – DDR-Bahnpolizei, d. Säzz.) taucht auf, die Ausweise von Verfolgten und Verfolgern werden kontrolliert. Im TraPo-Häuschen erfolgt die „Klärung des Sachverhalts“, die wie folgt aussieht: die Skins werden laufen gelassen, Jörg wird aufgefordert, den Aufnäher abzutrennen. Auf die Frage „Womit?“ antwortet man ihm: „Solche Typen wie Sie haben doch immer ein Messer dabei!“ Er wird auf die TraPo-Wache mitgenommen. Dort wird ihm vorgeworfen, er habe gegen §13 Absatz 2 des VP-Gesetzes sowie gegen die „öffentliche Ordnung und Sicherheit“ verstoßen.
Eine Woche später wird Jörg in einem Gespräch mitgeteilt, der Aufnäher sei eingezogen, da er im nichtsozialistischen Ausland hergestellt wäre. Das Motiv des Aufnähers wäre genauso verboten, wie z.B. Nazismus-verherrlichende Symbole.
(Friedenskreis Weißensee)