Neubeginn – Arbeitskreis für deutsch-alternative Politik, oder ein weiterer Schritt zur neuen rechten Sammlungsbewegung

– aus Zeitschrift telegraph, Nr. 16/90, vom 23. November 1990 –

Wurde bereits im telegraph 14 versucht, den Filz der neuen faschistischen Organisationen, mit dem Schwerpunkt internationale Kontakte offenzulegen und in diesem Zusammenhang die Verstrickung der Nationalen Alternative näher zu beleuchten, so soll es hier um die Neuorganisierung der neofaschistischen Gruppen in Deutschland, deren Zusammmenarbeit mit neuen und alten Rechten, mit rechtsextremen Parteien und dem rechten Flügel von CDU/CSU gehen.

Dazu muss zurückgegangen werden zum 5.Mai 1989, zur Geburtsstunde der „Deutschen Alternative(DA)“. An diesem Tag wurde die DA, als Idee der FAP/NL/VAPO-Aktivisten Kühnen, Worch, Küssel geschaffen.

Im Dezember 1989 wurden bereits die ersten Ortsgruppen in Cottbus und Dresden gebildet. Im Januar 1990 veröffentlichte Kühnen in der Nazischrift „Die Neue Front“ Nr. 101 eine detaillierte Aufbauanweisung für die damalige DDR- den „Arbeitsplan Ost“. Die sich anbahnenden Probleme, bezüglich der Registrierung (einen DA gab es zu diesem Zeitpunkt bereits, nämlich de Demokratischen Aufbruch), wurden dort bereits berücksichtigt. Und zwar wi geplant, dass im Fall der Nichtregistrierung eine Deckorganisation geschaffen werden soll, Zitat:“…Die dann entstehende Partei, wird die DA sein, aber sie wird eben unter einem anderen Namen auftreten…“.

Auf Grund des Vorhandenseins des Demokratischen Aufbruchs, war die Anmeldung in Cottbus und Dresden, als auch in Rostock und Berlin nicht möglich. Letztgenannte Ortsgruppen bildeten sich im Januar 1990.Dieses, zu diesem Zeitpunkt nicht zu lösende Problem, bildete die Grundlage für das Erscheinen der „Nationalen Alternative (NA)“.

Am 1.2.1990 wurde die NA in Berlin gegründet und kurz danach unter der Nummer 39/90 registriert.

Am 16. März 1990 gründete sich in Westberlin die „Deutsche Alternative Mitteldeutschland (DDR)“. Auf Grund des Umstands, dass der Demokratische Aufbruch in die CDU überging, konnte die DA/Mitteldeutschland im September 1990 registriert werden.

Damit war die Rolle und Funktion der NA hinfällig. Die Folge ist, dass sie sich derzeit im Auflösungsprozess befindet. (Neue politische Zentrale ist, wie auch ursprünglich geplant, Cottbus.) Damit verliert auch das Haus Weitlingstr 122 an Bedeutung. Die politischen Führer haben bereits das Haus verlassen. Sämtliches Parteimaterial ist schon seit Monaten ausgelagert Die Bewohnerzahl geht zurück. Zurzeit sollen nur noch drei Wohnungen, hauptsächlich von Jungfaschos bewohnt sein. Der Rest dient nur noch als sogenannte „Kameradschaftswohnungen (Unterschlupf für auswertige Nazis bei Aktionen, Treffen, etc.).

Unabhängig von diesen Tatsachen gibt es noch andere Gründe, für den Bedeutungsverlust der Weitlingstr. 122. Zum einen ist das Haus zu bekannt und auf Grund intensiver Aktionen von Antifaschistinnen und autonomen Linken stark unter Druck. Zum anderen gab und gibt es aufreibende Konflikte innerhalb der NA und mit den Berliner Fussballhooligans. Der Konflikt mit den Hools macht sich an zwei Punkten fest. Zum einen, dass Hooligan-Führer wie zum Beispiel ein gewisser Voigt, der noch 1987 mit den jetzigen NA-Führern Hasselbach, Lutz und Richert in der „Bewegung 30Januar“ zusammen war, nun nicht an der Macht beteiligt wurde, weil er zu gewalttätige Auftritte hatte (er ist für seine Brutalität berüchtigt), und zum anderen weil die Hools kein Interesse an festen hierarchischen Machtstrukturen haben und ihre Kontakte mehr in Richtung Nationalistische Front (nationalistische Bewegung von unten, in ihrer Propagandasprache), gehen. Daraus erklärt sich, dass es immer wieder Angriffe von Hools auf NA-ler gibt und seitens der Hooligans des Öfteren Angriffe auf die Weitlingstrasse 122 angekündigt wurden.

Der zweite Konflikt ist mehr ein NAinterner, ideologischer. Nämlich der Streit zwischen Nationalrevolutionären und Nationalsozialisten. Dieser Streit ist gerade in Deutschland historisch. Führte er doch 1934 zum sogenannten Röhm-Putsch. Vertreten die Ostler (Hasselbach) mehr den nationalrevolutionären Ansatz der damaligen SA-Führer Röhm und Strasser, so sind die West-„Kameraden“ (Küssel/Reinthaler) getreu ihrem Führer Michael Kühnen, voll auf der nationalsozialistischen Linie von Hitler und Göhring.

Ein ähnlicher Konflikt existiert schon seit Jahren innerhalb der Freiheitlichen Arbeiterpartei (FAP). Zwischen dem Flügel Mosler/Busse (Nationalrev.) und dem Hügel Kühnen/Worch (Nationalsoz.) In diesem Zusammenhang kann auch der Fakt stehen, dass der zweite Überfall auf die Wohnung von Worch in Hamburg (der erste wurde von Antifas durchgeführt) von Leuten des FAP-Mosler/Busse-Flügels ausgeführt wurde, da Worch in einem internen Rundbrief erklärte, dass er im Besitz von Materialien sei, die bei Veröffentlichung der FAP ein Ende setzen würden und dazu aufrief, die FAP zu verlassen und in die DA einzutreten.

Ein weiterer Punkt für den Streit in der NA ist, dass viele im Haus in der Weitlingstrasse Unmut über den Führungsstil und den Drill der „Westler“ zeigen und daher langsam wieder abdriften (Mit den deutschen Tugenden scheint es bei den „Kameraden der Weitlingstrasse auch nicht weit her zu sein).

Doch kehren wir zurück zur NA/DA und der weiteren Vernetzung der Rechten Kräfte. Eine andere Strukturbildung vollzog sich bereits am 18.3.1990. In Berlin schlössen sich an diesem Tag die FAP/Berlin, Wotans Volk und die NA zum „Berliner Block zusammen. Damit ist eine erneute Vernetzung perfekt. Hasselbach als neuer Führer der NA, ist gleichzeitig stellvertretender Führer der DA. Oliver Schweigert ist im Berliner Block Vertreter der DA, gleichzeitig hat er eine führende Position in der FAP/Berlin inne. Die Logistik des Berliner Blocks übernahm Wotans Volk, dessen Mitglied Arnulf Priem ebenfalls in der NA ist. die VAPO-Leute Küssel/Reinthaler sind politische Instrukteure der NA, und stehen wiederum in ständigen Kontakt zu Kühnen/FAP.

Die gesamte Vernetzung aller faschistischen Gruppen, rechten Bewegungen, Personen, bis hin zum rechten Rand der CDU/CSU, läuft über ein Gebilde, dass sich „Neubeginn- Arbeitskreis für deutsch-alternative Politik“ nennt Neubeginn ist ein dezidiertes Vernetzungssystem, das durch fünf Hauptstränge läuft, zwischen denen dann verschiedene Querverbindungen laufen.

Die Hauptstränge sind:
1. Der Berliner Block, plus der DA/Mitteldeutschland;
2. neofaschistische Organisationen wie NL, FAP, NSDAP/AO;
3. die Neuen Rechten, die da sind Publizisten, Wissenschaftler;
4. Organisationen rechts der Unionsparteien, die da sind Reps, NPD, ÖVP, DVU- Liste D;
5. der Alten Rechten, ehern Nazis, Überbleibsel rechter Org. der 50/60-iger Jahre (soz. Reichspartei). Die drei letztgenannten Stränge halten dann die Kontakte zur CDU/CSU.

Um das etwas näher zu beleuchten, einige Beispiele:
1. Neue Rechte – CDU/CSU. Kontakte laufen z.B. über Caspar Freiherr von Schrenck-Notzing, Herausgeber der Zeitschrift „Criticen“, veröffentlicht im CSU-Blatt Bayernkurier, dem rechtsgerichteten Deutschlandmagazin und der neofaschistischen Nation Europa und Armin Mohler, 1942 nach Deutschland gekommen um in die SS einzutreten, Autor in „Die Zeit“, „Christ und Welt“ (1949-53), „Welt“, „Welt m Sonntag“, „Bayernkurier“, nach 1965 in der faschistischen Nation Europa, der italienisch/faschistischen „La Destra“ nach 1972 und der französische/faschistischen „Novelle Ecole“. Ein Bindeglied zwischen CDU/CSU und Neue Rechte ist der Neue Deutsche Nationalverein.

2. Organisationen rechts der Unionsparteien – CDU/CSU
Direkte Kontakte zwischen Repvs/DVU und CDU/CSU laufen z.B. über Heinrich Lummer. Indirekte Kontakte über die Alte Rechte zu den Repvs laufen z.B. über: Prof. Emil Schley, 1967 Beitritt zur CDU, ehem. Abgeordneter des Landtages Hessen, trat unter anderem am 2.6.1977 als Redner auf einer Veranstaltung des Stahlhelms auf. Heute Mitglied der Reps

3. Alte Rechte – CDU/CSU
Persönliche Kontakte liefen und laufen z.B. über H. Lübke, Filbinger. Manfred Wörner CDU, Generalsekretär der NATO, ehem. Mitglied im Bundestag, ehem. BRD- Verteidigungsminister, 1975 Redner auf einem HIAG-Treffen, unterstützte 1988 brieflich die Teilnahme des ex. Nazi-Offiziers Rudel an einem Treffen eines Bundesluftwaffengeschwaders. Elmar Pirot, Stadtrat der CDU beim Magistrat von Berlin/Ost sagte 1977 über den Chile-Putsch: Die chilenischen Putschisten haben, „…in einer feige gewordenen westlichen Welt, eine drohende kommunistische Diktatur verhindert.“

Querverbindungen laufen auch zwischen neuen und alten Rechten. Bindeglied ist die Unterschriftensammlung:“Stop des Bundestags-Neubaus“(Quel-le für die Kontakte zur CDU/CSU: Wer mit Wem, Bundbuchverlag GmbH, 1.Auflage 1981)

Weitere Kontakte laufen z.B. zwischen:
Junge Union – Junge Nationaldemokraten,
Junge Union Berlin – Nationale Alternative,
Junge Union – Deutsche Alternative.

Eine logische Querverbindung besteht zwischen faschistischen Parteien der alten BRD und der Mitteldeutschen DA sowie der NA. Die gemeinsame Geschäftsstelle von „Neubeginn“ befindet sich in München. „Neubeginn“ bezeichnet sich selbst als Wahlbündnis. Da ein derartiger Name auf keiner Wahlliste erschienen ist, ist eher wahrscheinlich, dass über „Neubeginn“ Wahlabsprachen und Strategien geklärt werden, da stets Einzelorganisationen von „Neubeginn“ zur Wahl antreten und keinerlei Dopplung erfolgt. So tritt die DA in Nordrhein-Westfalen an, aber nicht in Sachsen, obwohl sie es könnte. Auch die Repvs treten nicht in Sachsen an. Dafür aber die NPD. So trat in Frankfurt/Main die NPD an. Dafür nicht die Reps obwohl auch sie dazu in der Lage wähnen. So unterstützte die DVU das Wahldebüt der Reps finanziell und verzichtete selbst auf eine Wahlbeteiligung. Nur einige Beispiele die dieses koordinierte Vorgehen beweisen.

All diese Fakten belegen, dass es in der gesamten BRD, einschließlich der ehem. DDR eine fast einheitlich handelnde Rechte gibt, die bestrebt ist, sich immer perfekter zu organisieren und dabei stets bestrebt ist, über ein Organisationswirrwar ihre Aktivitäten zu verschleiern. Dem kann nur eine starke antifaschistische Selbstorganisierung entgegenstehen und eine Mobilisierung und Sensibilisierung der Menschen in diesem Lande. Verbote bringen hierbei überhaupt nichts. Nur das Anpacken der Wurzeln und die Beseitigung der politischen und sozialen Ursachen nimmt Faschisten und Ultra-Rechten die Grundlage für ihre Existenz und ihre Propaganda.

d.w.