– aus Zeitschrift telegraph, Nr. 12/90, vom 10. Juli 1990 –
Vertreter der kubanischen Botschaft in der DDR machten sich im Mai auf den Weg, um ihren Studentinnen zu erklären, dass der Aufenthalt in der DDR aus finanziellen Gründen nicht mehr möglich ist. Reisekosten und Stipendienzuschläge könnten nicht in Devisen aufgebracht werden. Das klingt im ersten Moment gar nicht unverständlich. Keiner der ehemaligen Ostblockstaaten hat wie die DDR die Möglichkeit, sich durch einen raschen Währungsumtausch zumindest scheinbar des Devisenproblems zu entledigen. Wenn man allerdings weiß, dass zur gleichen Zeit die kubanischen Studentinnen aus der SU zurückgeholt werden, sind wohl eher politische Gründe zu vermuten.
Wer sich dafür entscheidet, in der DDR zu bleiben, hat zwei Möglichkeiten. Entweder eine Aufenthaltsgenehmigung bei den DDR-Behörden beantragen, was den sofortigen Verlust der kubanischen Staatsbürgerschaft nach sich ziehen würde, oder einen Antrag bei der kubanischen Botschaft stellen. Bestenfalls wird dann ein „Emigranten-Pass“ ausgestellt. Die Angst vor einer endgültigen Ausweisung aus Kuba sowie Repressalien gegenüber Familienangehörigen bleibt. So entschieden sich die meisten doch für eine sofortige Rückkehr in ihr Heimatland. Verständlich, da auch die Situation für alle Ausländer In der DDR noch vollkommen offen ist. Verbale Unterstützungszusagen von Hochschulen und Polizei haben nicht viel zu sagen. Wohnraum und Jobs können die auch nicht stellen. Außerdem droht die übernähme der westdeutschen Ausländergesetzgebung.
Verhandlungen zwischen den Regierungen Kubas und der DDR stehen noch aus. Bei den mit Mozambique, Vietnam und Angola geführten könnte zumindest sichergestellt werden, dass die abgeschlossenen Verträge nicht gekündigt werden.
Klar scheint auch zu sein, dass Menschen aus arabischen Ländern keine Aufenthaltsgenehmigung mehr erteilt wird. Grund – unklar. Sollte hier fleißig mit am dringend notwendigen neuen Feindbild gebastelt werden? ts.