Erklärung von Mitarbeitern der Antifa-Gruppe der Kirche von Unten zur geplanten Demonstration am 4.11.89

– aus der linken DDR-Oppositions-Zeitung telegraph Nr. 6/89, vom 27. Oktober 1989 –

Bei den in den letzten Tagen und Wochen durchgeführten unabhängigen Demos mündiger und reformorientiertes Menschen wurden immer wieder Nationalisten gesichtet, die sich einzeln oder in Gruppen den Protestzügen anschlossen. Vereinzelt wurde ihrerseits versucht, mit Deutschland-Rufen oder ähnlichen lautenden Sprechchören Einfluss zu nehmen und damit den Inhalten der Demos ein anderes, ihnen genehme nationalistische Prägung zu geben.

Dies gelang ihnen zum Glück nicht. Jedoch steuern derartige Versuche den demokratischen Reformbestrebungen entgegen und schaden ihnen. Hinzu kommt, daß derartige Erscheinungen ein gefundenes Fressen für den Rewolverjournalismus der DDR-Medien sind, sowie Rechtfertigungsargumente für die Übergriffe der Staatsorgane liefern. Die Antifa-Gruppe der Kirche von Unten wird deshalb an der Demo am 4.11.89 teilnähmen und dort einen geschlossenen antifaschistischen Block bilden. Wir werden diesen Block mit eigenen Inhalten plakativ dokumentieren, uns jedoch voll mit dem Anspruch der Demo, sowie den Inhalten der Initiatoren solidarisieren. Wir rufen zu folgendem auf:

1. An alle antifaschistisch gesonnenen Menschen:
Schließt euch unserem antifaschistischen Block mit eigenen Transparenten an.

2. An alle für demokratische Reformen eintretenden Menschen:
Laßt nicht zu, daß nationalistisch/neofaschistische Gruppierungen Eure Inhalte kaputt und die Demo zu ihrer machen. Bringt nationalistische und faschistische Schreihälse zum Schweigen.