Erklärung von Mitarbeitern der Antifa-Gruppe der Kirche von Unten zur geplanten Demonstration am 4.11.89

– aus der linken DDR-Oppositions-Zeitung telegraph Nr. 6/89, vom 27. Oktober 1989 –

Bei den in den letzten Tagen und Wochen durchgeführten unabhängigen Demos mündiger und reformorientiertes Menschen wurden immer wieder Nationalisten gesichtet, die sich einzeln oder in Gruppen den Protestzügen anschlossen. Vereinzelt wurde ihrerseits versucht, mit Deutschland-Rufen oder ähnlichen lautenden Sprechchören Einfluss zu nehmen und damit den Inhalten der Demos ein anderes, ihnen genehme nationalistische Prägung zu geben.

Dies gelang ihnen zum Glück nicht. Jedoch steuern derartige Versuche den demokratischen Reformbestrebungen entgegen und schaden ihnen. Hinzu kommt, daß derartige Erscheinungen ein gefundenes Fressen für den Rewolverjournalismus der DDR-Medien sind, sowie Rechtfertigungsargumente für die Übergriffe der Staatsorgane liefern. Die Antifa-Gruppe der Kirche von Unten wird deshalb an der Demo am 4.11.89 teilnähmen und dort einen geschlossenen antifaschistischen Block bilden. Wir werden diesen Block mit eigenen Inhalten plakativ dokumentieren, uns jedoch voll mit dem Anspruch der Demo, sowie den Inhalten der Initiatoren solidarisieren. Wir rufen zu folgendem auf:

1. An alle antifaschistisch gesonnenen Menschen:
Schließt euch unserem antifaschistischen Block mit eigenen Transparenten an.

2. An alle für demokratische Reformen eintretenden Menschen:
Laßt nicht zu, daß nationalistisch/neofaschistische Gruppierungen Eure Inhalte kaputt und die Demo zu ihrer machen. Bringt nationalistische und faschistische Schreihälse zum Schweigen.

Demokratische Rechte für Neonazis?

– aus der linken DDR-Oppositions-Zeitung telegraph Nr. 7, vom 4. November 1989 –

Am Samstag, den 28.10.89, kam es in Berlin nach dem Oberliga-Fußballspiel BFC Dynamo – Dynamo Dresden zu einer Massenschlägerei, die von BFC-Fans unter Führung von ca. 200 Fußball-Skinheads angeführt wurde.

Einen Tag später, am 29.10.89, kam es nach dem Bürgergespräch vor dem Roten Rathaus auf der Friedrichstraße zu einer Zusammenrottung von Nazi-Skinheads. Ihre Zahl wurde von Beobachtern auf 500 bis 1.000 geschätzt. Es wurden lauthals Deutschland-Parolen gebrüllt. Polizeikräfte waren massiv anwesend, schritten jedoch nicht ein.
Es kann nicht sein, daß ein Reformbeginn undemokratischen Gruppierungen demokratische Rechte zubilligt.

Bedenklich ist die Ansammlung neofaschistischer Gruppierungen in Fußballstadien. Mehr als bedenklich ist die Tatsache, daß in den Fan-Klubs der Mannschaft der Sicherheitsorgane (namentlich BFC) die Organisierung solcher Gruppierungen geduldet wird.
Eine Möglichkeit der mittelfristigen Bewältigung der Nazi- und Fußball-Skinhead-Szene wäre die Schaffung von sinnvollen alternativen Freizeitmöglichkeiten und darüber hinaus sinnvollen Lebensperspektiven für Jugendliche. D.W.

VEB Stadtwirtschaft Berlin: Nationalistische Propaganda unter Schutz der Bürokratie

– aus der linken DDR-Oppositions-Zeitung telegraph Nr. 7, vom 4. November 1989 –

An der öffentlichen Wandzeitung des Müllführhofs 3 Berlin-Spindlersfeld erschien am 31.10. ein anonymer Artikel, in dem auf polnische Anfragen auf DDR-Staatsbürgerschaft Bezug genommen wurde, und unter scheinplausiblen Vorwenden Haß gegen Polen und Vietnamesen erzeugt wurde. Schon kurze Zeit darauf hatten 22 Kollegen unter diesen Artikel ihre Unterschrift gesetzt. Andere Kollegen drückten mündlich ihr Einverständnis aus, zwei sogar mit Lynchdrohungen. Der Artikel trug bereits 50 Unterschriften, als zwei Tage später der Kraftfahrer Max Hermann* einen Gegenartikel anbrachte, der die nationalistischen Ausfälle durch Benennung der tatsächlich wirtschaftlich Verantwortlichen zu bekämpfen versuchte.

Auf Anweisung des Fuhrhofleiters, Günter Meißner (SED), wurde Max Hermann*s Artikel bereits nach einer halben Stunde entfernt. Durch den Schichtleiter ließ er begründen, dies geschehe zum Schutze der Gesundheit von Max Hermann*. Der andere Artikel blieb unangetastet.
Beide Artikel wurden daraufhin von Max Hermann* dem Kombinatsdirektor und der Betriebszeitung zugestellt sowie an zwei Betriebsteilwandzeitungen angebracht.

In Spindlersfeld verschwand jetzt endlich der nationalistische Artikel, dafür an den anderen Wandzeitungen beide. Der Brigadier wies Max Hermann* an, in Zukunft sämtliche Artikel für die Betriebsteilwandzeitung zur Zensur vorzulegen, über den weiteren Umgang mit nationalistischen Artikeln verlautete dagegen nichts. a.b.

*Der Name wurde zum Schutz der Persönlichkeitsrechte geändert.

Schönhuber pfeift – die Ratten kommen

– aus der DDR-Oppositions-Zeitschrift telegraph, Nr.9/89, vom 29. November 1989 –

Als ich am 27. November vor der überfüllten Leipziger Nikolaikirche auf Freunde und die Demo wartete, wunderte es mich, hinter den Fenstern der Küsterei eine riesige Deutschlandfahne zu sehen. Nebenbei erfahre ich, daß der IGL (Initiativgruppe Leben) die Gestaltung des heutigen Friedensgebetes verwehrt wurde, ebenso erging es den Arbeitskreis Gerechtigkeit in der Vorwoche – Pfarrer Führer sind die Basisgruppen anscheinend zu links, zumal der Bürgermeister der Partnerstadt Hannover anwesend ist. Die Deutschlandfahne voran bewegt sich alles zur Kundgebung auf den Karl-Marx-Platz (der künftig „Platz der Freiheit“ heißen soll). Gerade heute gibt es eine breite Öffentlichkeit durch anwesende Dokumentarfilmer.

Aber es ist nicht mehr die gewohnte Leipziger Demo: überall Deutschlandfahnen, Transparente wie „Wiedervereinigung jetzt“, „Weizsäcker – Präsident aller Deutschen“, „Einigkeit und Recht und Freiheit“. Während der Ansprachen verdichtet sich das Gefühl, unter die REPs geraten zu sein. Auf die wenigen klaren Absagen an die Wiedervereinigung (SDP Vereinigte Linke) ein Mensch aus Heidelberg) folgen Pfiffe und der Schlachtruf „Deutschland einig Vaterland“ in Fußballstadionmanier. Selbst als ein Redner notwendige gute Nachbarschaft mit unseren polnischen und tschechischen Freunden fordert, wird er ausgepfiffen – diese Ausländerfeindlichkeit bekam Nahrung durch staatliche Stimmungsmache in der DDR in den letzten Tagen.. Nur vereinzelt andere Plakate: „Gegen Aufkauf der DDR durch die BRD- kein viertes Reich“. „Alle Herrschaftssysteme sind brutal, weil sie auf Gewalt aufbauen“, „Gegen Faschismus, Rassismus, Sexismus“ – auf der Rückseite die Faust, die das Hakenkreuz zerschlägt, „Umweltreich statt Deutsches Reich“. Wir sind nur ca. 50 Andersdenkende, hauptsächlich Punks und Anarchisten, und beschließen, in die entgegengesetzt Richtung zu laufen. Als wir dann der Den» begegnen, rufen wir den Menschen zu „Keine Wiedervereinigung“, „Kein viertes Reich“, einer schwenkt die rot-schwarze Fahne der Anarchisten. Aus der dumpfen Menge schlägt uns entgegen „Ihr seid das letzte“, „Schämt euch was“, „Geht erst mal arbeiten“, „Wichser“, selbst als „Stasischweine“ und „Faschos“ (Gipfel der Demagogie!) werden wir beschimpft. Plötzlich weiß ich, wie Adolf-Hitler-Wähler aussehen. Es riecht förmlich nach Pogrom. Einer hält beschwörend sein Schild „keine Gewalt“ hoch. Wir antworten mit „Nazis raus“, „Schönhuber raus“, „Ihr seid hohl – verkauft euch bloß an Kohl“. Nur vereinzelt gab es Beifall, wenige stellten sich an unsere Seife. 50 gegen 50.000.

Das Leipziger Demo-Publikum ist also ein anderes geworden. Jetzt, wo das Demonstrieren nicht mehr gefährlich ist, kriechen die Deutsch-Nationalen aus den Löchern. Die es begannen und erkämpften, bleiben fern. Erschöpft von der Kleinarbeit, aber auch erschreckt durch großdeutsches Wiedervereini-gungsgeschwafel bereits am 13. November. Damals gab es noch Plakate wie „Stasigelder für die Wälder“, „Banane – Vorsicht Rutschgefahr“, „Selbstverwaltung statt Mitbestinnung“, Forderungen nach der Rehabilitierung Robert Havenanns und Wolf Biermanns. All dies fehlt jetzt, als ob alle Forderungen verwirklicht seien (auf der Kundgebung wurde z.B. bekannt, daß die Stasi-Leute, die in Cottbuser Tagebauen arbeiten ihr altes Dienstverhältnis inclusive Bezahlung behalten haben! Zum anderen ist bekannt, daß die Verschickung in die Produktion doch nur hauptsächlich Wehrpflichtige des Wachregi¬ments „Dzierzinski“ betraf, ganz zu schweigen vom Gefängnispersonal und den unveränderten Knastver¬hältnissen…)

Sicherlich sind nicht alle Nazis – für manche scheint die Wiedervereinigung das letzte Tabuthema zu sein. Oder ist es nur einsetzende Verzweiflung, aus Angst vor der eigenen Verantwortung für die Zukunft? Mittlerweile gibt es hartnäckige Gerüchte, daß sich eine „Partei für die Wiedervereinigung gründen will – sicherlich, „Republikaner“ werden sie sich noch nicht gleich nennen.
Dem vierten Reich keine Chance!
Wir brauchen keinen starken Mann, denn wir sind selber stark genug! g.h.

Als ich am 27. November vor der überfüllten Leipziger Nikolaikirche auf Freunde und die Demo wartete, wunderte es mich, hinter den Fenstern der Küsterei eine riesige Deutschlandfahne zu sehen. Nebenbei erfahre ich, daß der IGL (Initiativgruppe Leben) die Gestaltung des heutigen Friedensgebetes verwehrt wurde, ebenso erging es den Arbeitskreis Gerechtigkeit in der Vorwoche – Pfarrer Führer sind die Basisgruppen anscheinend zu links, zumal der Bürgermeister der Partnerstadt Hannover anwesend ist. Die Deutschlandfahne voran bewegt sich alles zur Kundgebung auf den Karl-Marx-Platz (der künftig „Platz der Freiheit“ heißen soll). Gerade heute gibt es eine breite Öffentlichkeit durch anwesende Dokumentarfilmer.
Aber es ist nicht mehr die gewohnte Leipziger Demo: überall Deutschlandfahnen, Transparente wie „Wiedervereinigung jetzt“, „Weizsäcker – Präsident aller Deutschen“, „Einigkeit und Recht und Freiheit“. Während der Ansprachen verdichtet sich das Gefühl, unter die REPs geraten zu sein. Auf die wenigen klaren Absagen an die Wiedervereinigung (SDP Vereinigte Linke) ein Mensch aus Heidelberg) folgen Pfiffe und der Schlachtruf „Deutschland einig Vaterland“ in Fußballstadionmanier. Selbst als ein Redner notwendige gute Nachbarschaft mit unseren polnischen und tschechischen Freunden fordert, wird er ausgepfiffen – diese Ausländerfeindlichkeit bekam Nahrung durch staatliche Stimmungsmache in der DDR in den letzten Tagen.. Nur vereinzelt andere Plakate: „Gegen Aufkauf der DDR durch die BRD- kein viertes Reich“. „Alle Herrschaftssysteme sind brutal, weil sie auf Gewalt aufbauen“, „Gegen Faschismus, Rassismus, Sexismus“ – auf der Rückseite die Faust, die das Hakenkreuz zerschlägt, „Umweltreich statt Deutsches Reich“. Wir sind nur ca. 50 Andersdenkende, hauptsächlich Punks und Anarchisten, und beschließen, in die entgegengesetzt Richtung zu laufen. Als wir dann der Den» begegnen, rufen wir den Menschen zu „Keine Wiedervereinigung“, „Kein viertes Reich“, einer schwenkt die rot-schwarze Fahne der Anarchisten. Aus der dumpfen Menge schlägt uns entgegen „Ihr seid das letzte“, „Schämt euch was“, „Geht erst mal arbeiten“, „Wichser“, selbst als „Stasischweine“ und „Faschos“ (Gipfel der Demagogie!) werden wir beschimpft. Plötzlich weiß ich, wie Adolf-Hitler-Wähler aussehen. Es riecht förmlich nach Pogrom. Einer hält beschwörend sein Schild „keine Gewalt“ hoch. Wir antworten mit „Nazis raus“, „Schönhuber raus“, „Ihr seid hohl – verkauft euch bloß an Kohl“. Nur vereinzelt gab es Beifall, wenige stellten sich an unsere Seife. 50 gegen 50.000.

Das Leipziger Demo-Publikum ist also ein anderes geworden. Jetzt, wo das Demonstrieren nicht mehr gefährlich ist, kriechen die Deutsch-Nationalen aus den Löchern. Die es begannen und erkämpften, bleiben fern. Erschöpft von der Kleinarbeit, aber auch erschreckt durch großdeutsches Wiedervereinigungsgeschwafel bereits am 13. November. Damals gab es noch Plakate wie „Stasigelder für die Wälder“, „Banane – Vorsicht Rutschgefahr“, „Selbstverwaltung statt Mitbestinnung“, Forderungen nach der Rehabilitierung Robert Havenanns und Wolf Biermanns. All dies fehlt jetzt, als ob alle Forderungen verwirklicht seien (auf der Kundgebung wurde z.B. bekannt, daß die Stasi-Leute, die in Cottbuser Tagebauen arbeiten ihr altes Dienstverhältnis inclusive Bezahlung behalten haben! Zum anderen ist bekannt, daß die Verschickung in die Produktion doch nur hauptsächlich Wehrpflichtige des Wachregiments „Dzierzinski“ betraf, ganz zu schweigen vom Gefängnispersonal und den unveränderten Knastverhältnissen…)

Sicherlich sind nicht alle Nazis – für manche scheint die Wiedervereinigung das letzte Tabuthema zu sein. Oder ist es nur einsetzende Verzweiflung, aus Angst vor der eigenen Verantwortung für die Zukunft? Mittlerweile gibt es hartnäckige Gerüchte, daß sich eine „Partei für die Wiedervereinigung gründen will – sicherlich, „Republikaner“ werden sie sich noch nicht gleich nennen.
Dem vierten Reich keine Chance!

Wir brauchen keinen starken Mann, denn wir sind selber stark genug! g.h.

Auch in Schulen bereits Neofaschistische Gesinnung

Eine farbige DDR-Bürgerin berichtet

– aus DDR-Oppositions-Zeitschrift telegraph, Nr.8/89, vom 16. November 1989 –

Am Ende einer Veranstaltung im Berliner Jugendclub „jojo“ hatten wir am 26. Oktober eine unangenehme Begegnung mit mehreren anscheinend überwiegend nationalistischen Schulklassen. Zwei Freunde und ich wurden von den Schülern umringt, die uns mit Beschimpfungen unmißverständlich neofaschistischen Charakters überhäuften. Ich war auch im weiteren Verlauf der Auseinandersetzungen wegen meiner dunklen Hautfarbe ständiger Mittelpunkt der Angriffe. Als Beispiele seien nur einige genannt wie „Drecksnigger“, „Türkenschwein“, „Judensau“ und ähnlich sattsam bekanntes Vokabular neofaschistischer Gruppierungen. Als wir den Jugendclub verließen, waren 30-40 Schüler versammelt und warteten auf uns. Sofort begannen wieder die Provokationen. Ein Freund von mir und ich wurden mehrere Male geschlagen und mit Füßen getreten. Dabei tat sich ein Jugendlicher auf besonders brutale Weise hervor. Einer meiner Freunde nahm diesen beiseite, um mit ihm zu reden. Der ließ sich aber nicht beruhigen und begann zu schlagen. Mein Freund verlor einen Schneidezahn. Während die anderen zusahen, drängten mehrere Schüler auf mich ein und begannen mich von neuem zu beschimpfen, zu treten und zu schlagen. Die für uns zunehmend gefährliche Situation löste sich auf, als beim Eintreffen eines VP-Streifen-Wagens alle Schüler flüchteten.

A., r.l.

Die Antifaschistische Demonstration in Berlin-Lichtenberg, am 24. Juni 1990, Teil1

– erschienen in der Zeitschrift telegraph, Nr. 12/90, vom 10. Juli 1990 –

Antifaschistische Demonstration in Berlin-Lichtenberg

Zu der in Presse und Rundfunk vielfältig kommentierten antifaschistischen Demonstration im Ostberliner Stadtbezirk Lichtenberg hatte ein breites Spektrum von vielen autonomen Gruppen in Ost- und Westberlin, über besetzte Häuser, UFV, Vereinigte Linke, Teilen des Neuen Forums, der Umwelt-Bibliothek, KW bis zum Bund der Antifaschisten aufgerufen.

Es gab im Vorfeld lange Diskussionen über die Demo-Route. Die Überlegung, an den Häusern der faschistischen Zentrale der „Nationalen Alternative“ vorbeizugehen, wurde wieder fallen gelassen. Dabei waren die Hauptargumente, dass die Faschisten in den Häusern unberechenbar sind und daher Angriffe und Verletzungen vor allem von Bündnisteilnehmerinnen nicht ausgeschlossen sind. Außerdem wurde die Lage richtig eingeschätzt, was die Entschlossenheit Einzelner betraf, gegen die „NA“-Zentrale vorzugehen. Die Demo wäre schon nach einigen Minuten beendet gewesen, während das Hauptziel der Demonstration die politische Manifestation von Antifaschismus im Stadtteil Lichtenberg sein sollte. Auch war klar, dass am Demo-Tag die Polizei massiv die faschistischen Häuser absichern wird. Eine Kompromiss-Route wurde gefunden, die in der Nähe der faschistischen Häuser vorbeiging, über den Bahnhof Lichtenberg, wo es oft zu Überfällen von Faschisten auf Ausländerinnen kommt, zum Ausländerinnenwohnheim und dann zurück in die Nähe der „NA“-Häuser. wo eine Abschlusskundgebung geplant war.

Diese Demo-Route wurde vom Rat des Stadtbezirkes Lichtenberg verboten. Derselbe Rat, der vor einigen Wochen den Aufenthalt der Faschisten in der Weitlingstraße durch Verträge legalisierte. Nach Verhandlungen mit verschiedenen Gremien wurde die Demo-Route doch noch kurz vor Demo-Beginn erlaubt.

Im Vorfeld lief In der Presse eine Entmobilisierungskampagne. Die Demo-Aufrufe und Presseerklärungen der aufrufenden Gruppen wurden so gut wie nicht veröffentlicht, verzerrt oder taz-typisch völlig verfälscht.

Das Ergebnis der Presseveröffentlichung und die Tatsache, dass wahrscheinlich fast alle Bündnis-Gruppen nur politisch die Demo unterstützten („Wir müssen Ja alle fürn Antifaschismus sein!“), ohne aber selbst zu mobilisieren oder wenigstens selbst zu erscheinen, war, dass von den Bündnis-Gruppen vielleicht 100 Personen da waren. Der Charakter der Demo war somit fast rein autonom. Aber auch die 4.000 Autonomen aus Ost- und Westberlin waren zahlenmäßig enttäuschend. Auch in der DDR entsteht Jetzt das Bild: Antifaschismus = Autonome = Militanz. Das und somit auch den Verlauf der Demo haben zu einem großen Teil die 10.000 nicht gekommenen Menschen von PDS bis zum Neuen Forum zu verantworten.

Die Grundstimmung der Demonstration war von Beginn an gezeichnet vom militärischen Outfit und der spürbaren Ungeduld. Die Westberlinerlnnen durften endlich wieder einmal ihre schmucken schwarzen Helme vorführen, einige Ostberlinerinnen konnten gut mit ausgedienten Uniformteilen der NVA und der Roten Armee mithalten. Es sah aus wie bei einer Rittermodenschau.

Die Demo ging trübe los, mit Musik zum Frühstück und einleitenden Worten, die wieder einmal Nichtnachvollziehbarkeit und geschichtliche Ignoranz zum Ausdruck brachten. Da wurde erklärt, dass es ungewöhnlich sei, dass die Demo an einer Kirche los ginge und dass es jetzt durch einen Stadtteil geht, wo Linke nicht erwünscht seien, es also ganz anders als in Westberlin sei.

Davon ausgehend, dass die Westberlinerinnen sich im Ausland befanden und im Ausland eine Demo mitmachten, war zu erwarten, dass sie sich mit dem gesellschaftlichen Kontext in der DDR auseinandersetzen und auch nicht versuchen, ihre Weisheiten der Demonstration aufzudrücken. Diese Verhaltensformen, eigene Erfahrungen als die Aller anzusehen und damit zu dominieren, waren während der ganzen Demo spürbar.

Als die Demo das erste Mal in die Nähe der Weitlingstraße kam, wurden Polizeiketten mit Westschildern und Westberatern zum Absperren der Seitenstraßen eingesetzt. Unnötige Provokation durch Auffahren von Räumfahrzeugen, Wasserwerfern und kläffenden Hunden. Auch wurde nach westlichem Vorbild eine Spalierkette vorgeführt.

Unnötige Provokationen und Steinwürfe vor allem Westberliner durchgeknallter Männer gegen die Polizeiketten ließ den Demo-Zug stocken, riss den Demo-Zug nach dem Lautsprecherwagen auseinander. Ab da war es klar, dass die Demo aus zwei Gruppen bestand, Eine Gruppe, die die Demo als politisches Mittel sah, antifaschistische Aktion vor den Augen der wütenden Faschisten zu demonstrieren und die Menschen im Stadtteil erreichen wollte und vor allem ab da schon sah, dass ein militärisches Vorgehen gegen die faschistische NA-Zentrale zum Debakel führen würde. Die andere Gruppe bestand aus durchgeknallten Männern, die Ihren mitgebrachten Hass und Munition loswerden wollten.

Die Demo führte dann am Lichtenberger Bahnhof vorbei, an dem eine Zwischenkundgebung stattfand, zu dem AusländerInnenwohnheim in der Hans-Loch-Strasse. Unterwegs wurde ein Camel-Wagen seiner Fracht entledigt.

Am Haus, in dem Mocambiquanerlnnen wohnen, wurde eine Kundgebungspause eingelegt. Die versprochenen Vorgespräche mit den Bewoh­nerinnen hatten wahrscheinlich nicht stattgefunden. Es bedurfte Überredungskünste, um die AusländerInnenbetreuerinnen dazu zu bewegen, die Türen zu öffnen. Ein Mocambiquaner hielt ein Redebeitrag; er freute sich

angemacht und die Demo gefährdet (keine geschlossenen Reihen nach dem Lautsprecherwagen, Leuchtkugel-Geschosse und Knaller sinnlos um die Köpfe geballert, eigene Leute durch Steine verletzt).

Was bleibt: Das Ziel einer politischen antifaschistischen Manifestation im Stadtteil und vor den faschistischen Häusern ist ansatzweise geglückt. Nach der Demo und dem Straßenkampf gibt es aber mehr Ablehnung als Sympathie im Stadtteil. Es gibt einen kleinen Versuch der Kontaktaufnahme mit den Ausländerinnen in Lichtenberg und das Thema der faschistischen NA-Zentrale musste wieder In der Presse und im Innenministerium als Problem artikuliert werden. Mittlerweile ist die NA-Zentrale verlegt worden. Das Problem ist also nicht erledigt sondern verlagert.

Zu hoffen bleibt, dass es eine Auseinandersetzung mit den schwachsinnigen Machokämpfern gibt und eine Klärungsfindung über Militanz stattfindet. Militante Aktionen müssen militärisch durchsetzbar, politisch erklärbar und in der Bevölkerung vermittelbar sein. Der Faschismus ist militärisch nicht zu besiegen, das müssten langsam auch die letzten Typen kapieren. Auch in den zwanziger, dreißiger Jahren hat es der Rot-Frontkämpferbund, der viel besser militärisch und organisatorisch drauf war, nicht geschafft, den Faschismus zurückzuschlagen.

Vor uns steht die viel schwierigere Frage, wie können wir gemeinsam in Ost und West in den nächsten Jahren in einem kapitalistischen Deutschland den aufkommenden Nationalismus, Faschismus und Sexismus wirksam entgegentreten. Die Beantwortung oder Suche nach Ansätzen bleibt zur Zeit auf der Strecke.

d.t.

Kommentar
Einige Gedanken zur Antifa-Demonstration in Ost-Berlin

Von „Bild“-Zeitung bis „Junge Welt“ wurde am Montag den Leserinnen grosser Massenblätter das gleiche geboten: „Die blutige Schlacht der Westchaoten“ („Bild“). „400 Radikale inszenierten blutigen Krawall“ („ND“), „Extremistische Krawalle nach antifaschistischer Demonstration“ („BZ“-Ost), „Am Ende siegte nur der Hass“ („Junge Welt“). Das war der Höhepunkt der Pressekampagne gegen die Demo. Schon im Vorfeld gab es diverse Falschmeldungen zur Ankündigung der Demo, wurde die Presseerklärung der Demo-Organisatoren erst gar nicht abgedruckt und der Aufruf zur Demo gar nicht oder gekürzt und „bearbeitet“ veröffentlicht.

Dann das Bündnis. 41 Gruppen auf dem Aufruf. Von Autonomen, Antifa-Gruppen bis hin zu Grünen, VL Jugendorganisationen. Jedoch glänzten letztere durch Abwesenheit. Anscheinend war auch keine Mobilisierung in diesen Reihen gelaufen. Offenbar glauben die Politniks dieser „demokratischen Organisationen“, dass die Unterschrift unter einen Aufruf antifaschistisches Bekenntnis genug sei. Folglich war die Demo zu ca. 90 % durch autonomes Spektrum geprägt. Schwarze Kleidung, vermummte Gesichter, Helme, optische Demoausrüstung aus jahrelanger Erfahrung mit Polizei und Kameras in Ost und West, aber auch innere Angst vor den Faschisten. Immerhin kamen trotzdem 5000, das beweist, dass das autonome Spektrum sehr wohl in der Lage ist, Massen zu mobilisieren, wenn auch noch keine Hunderttausende, und sie noch lange nicht isoliert sind. Jedoch hätten bei der Demo gut und gern Zehntausende sein können, wäre eine Mobilisie­rung nicht von bürgerlicher Presse und von den „demokratischen“ Parteien blockiert, bzw. nicht durchgeführt worden.

Und der Staat. Erst versucht der Stadtbezirksbürgermeister die Demoroute umzulegen, sie In die Seitenstraßen und möglichst weit weg vom Grund der Demonstration zu drücken. Als das nicht klappt, lässt man massiv Bullen auffahren. 2500 Bullen (offiziell spricht man von 500) bilden einen massiven Sperrriegel. Ausgerüstet mit Helmen, Schilden, Knüppeln, Räumfahrzeugen und Wasserwerfern.

Was während der Demo von Seiten der Demonstranten lief, war eine Mischung zwischen teilweise militantem Säbelgerassel, sich in Sprechchören entäussernden Emotionen und Wut auf Faschos und die schützend vor diesen stehenden Polizei. Dennoch war es aber größtenteils eine Bekundung antifaschistischen Bewusstseins. Die Demo schwappte hin und her zwischen politischer Bekundung, Langeweile und Aktionismus. Dies alles kompensierte sich dann Lück /Ecke Ruprechtstrasse und geriet unkontrolliert zum Ausbruch, wurde zum Stellvertretergefecht mit den Bullen. Sie bekamen ab, was eigentlich die Faschos abkriegen müssten. Zum Glück war der größte Teil der Demonstranten diszipliniert genug, die Demonstration zu Ende zu führen.

Den 500 Angreifern schien aber die Demo nur zweitrangig zu sein.

Nun kann man/frau sagen, dass die Polizei selber schuld ist, wenn sie sich vor die Faschisten stellt. Ich halte es jedoch für fragwürdig, ob dieser Angriff zu diesem Zeitpunkt irgendwie sinnvoll war. Die Chance, gerade dort einen Durchbruch zu den Häusern zu schaffen, war von vornherein gering. Weiterhin wurde die Demo damit hochgradig gefährdet. Gegen durchdachte und vor allem disziplinierte militante Aktionen mit Aussicht auf Erfolg ist erst einmal nichts zu sagen, aber*was dort ablief war nicht mehr als eine Präsentation von Machogehabe und Waffenschau, Demonstration von Superman-Mentalität. Hier ging es meiner Meinung nach nicht um die Durchsetzung politischer Ziele, sondern um das bloße Abreagieren von Emotionen. Militanz und Radikalität heißt nicht, präsentiert die Eisenstangen, haut drauf, sondern politisches Bewusstsein, abschätzen der strategischen Situation und verantwortungsbewusstes, überlegtes Handeln. So hätte es z.B. auf keinen Fall passieren dürfen, dass Demonstrantinnen von hinten aus den eigenen Reihen durch Steine verletzt wurden. Die lachenden Dritten waren jedenfalls die Faschos.

Ein Trost bleibt. Das Thema „Nationale Alternative“ und Weitlingstraße
ist nun in aller Munde, die Regierung steht unter Druck. Die Faschisten
wissen, dass sie mit einer starken antifaschistischen Kraft zu rechnen haben und dass nicht jeden Tag 2500 Polizisten zu ihrem Schutz zur Verfügung stehen. Nun kommt es darauf an, den öffentlichen Druck nicht abklingen zu lassen, sondern ihn zu verstärken. Denn erst einmal ist die „NA“ noch immer legal, existieren die besetzten Häuser in der Weitlingstraße, provokant, menschenverachtend und über der Nummer 122 weht immer noch die Reichskriegsflagge.                               d.w.

Bestimmt der Stein das Bewusstsein?

Erklärung der Umwelt-Bibliothek Berlin zu den Vorfällen während der Antifa-Demonstration gegen die Nazihäuser in der Ostberliner Weitlingstraße

Wir gehören zu den Unterzeichnerinnen und Teilnehmerinnen der Demonstration gegen die Berliner Zentrale der „Nationalen Alternative“ in der Weitlingstraße. Wir schämen uns und wir sind zornig. Mit der Demonstration wurde nicht das erreicht, was wir wollten, sondern das genaue Gegenteil. Und das Schlimmste: ohne Sinn und Verstand und ohne irgendeinen Grund wurden eine Reihe von Menschen zum Teil schwer verletzt

Es ging uns bei der Demonstration darum, einen weiten Konsens von Berliner Bevölkerung, Gruppen, Organisationen und Parteien gegen die mittlerweile fast täglichen Überfalle auf Passantinnen und Häuser zu zeigen, die nachweislich aus der NA-Zentrale in der Weitlingstraße gesteuert werden. Leider konnten wir schon im Aufruf zu dieser Demonstration diese notwendige Breite nicht erreichen. Wir richten das als Vorwurf an die Leute vom Bündnis 90, denen offenbar die Auftritte in der Volkskammer wesentlichster Lebensinhalt und Basisarbeit Nebensache geworden ist Kein einziger von den Prominenten des Bündnisses war erschienen und eine Mobilisierung der Anhängerinnen hat offenbar gar nicht stattgefunden. Bedrückt hat uns, dass darüber hinaus kaum Leute aus der Berliner Bevölkerung erschienen waren. Offenbar ist die allgemeine Situation so traumatisch, dass kaum jemand mehr Mut und Lust findet, für allgemeine Belange einzutreten.

Die Demonstration bestand also im Wesentlichen aus denen, die im Westen und mehr noch im Osten Opfer von Naziangriffen wurden, Bewohnerinnen von besetzten Häusern, Leute, die wegen ihres ungewöhnlichen Aussehens zusammengeschlagen wurden, aber auch normale Straßenpassantlnnen, denen das gleiche aus irgendeinem Grund widerfuhr. Diese Demonstrationsteilnehmerinnen hatten zwei Erfahrungen: Sie kannten die hemmungslose Brutalität der Nazis und sie wussten, dass sich die Polizei bei Überfällen auf besetzte Häuser, wenn überhaupt, nur zögernd und sparsam einstellt Demgegenüber wurden die Nazihäuser in der Weitlingstraße von 2.500 Polizisten vor den Demonstrantinnen geschützt. Entsprechend war die allgemeine Stimmung von Empörung und Hass bestimmt.

Wir waren nicht besonders begeistert, als wir sahen, dass ein Teil der Demonstranten seit Beginn mit Schlagstöcken aus Holz und Stahl und mit Gaspistolen ausgerüstet war. Wir haben angenommen, dass das sinnvoll sein könnte, falls die Polizei uns nicht vor einem Naziangriff schützen kann oder die Polizei ohne Begründung die Demonstration angreift (wie es letztens in Westberlin bei einer Behinderten-Demonstration geschah).

Es geschah aber das völlige Gegenteil. Die Polizei hielt sich zurück, obwohl sie von Schlagstock schwingenden Demonstrationsteilnehmern provoziert wurde. Als z.B. ein Polizist harte Drohungen mit einem Schimpfwort beantwortete, wurde das genutzt, um ihn tätlich anzugreifen. Pflastersteine wurden ohne Grund geworfen, aus Gaspistolen auf die Polizei geschossen. Die Eskalation endete dann in der bekannten Schlacht

Es ist zwar richtig, dass der Großteil der Demonstrantinnen sich nicht an diesen Aktionen beteiligte. Wir haben aber auch nicht genug getan, um uns von dieser knüppelschwingenden „Leibgarde“ zu befreien. Soweit allerdings Demonstrantlnnen diese Aktivisten zurückzuhalten suchten, wurden sie ebenfalls mit dem Knüppel bedroht, geschlagen oder auch nur als Weichling oder Spitzel beschimpft.

Wir glauben, dass diese Art von Militanz nichts mehr mit den Inhalten einer linken Bewegung zu tun hat Die Veränderung einer Gesellschaft ist leider nicht ganz ohne Gewalt möglich. Es handelt sich dabei aber immer, wie in der DDR seit Oktober zu sehen war, um eine Verteidigung der Bevölkerung gegen die Herrschenden, um Notwehr. Gewalt und Unterdrückung bedingen sich in einer patriarchalischen Gesellschaft gegenseitig. Sie beginnen mit der Unterdrückung von Frauen und anderen Mitmenschen und enden bei der organisierten militärischen und politischen Unterdrückung der Bevölkerung.

Wir wollen eine Gesellschaft, in der Gewalt und Unterdrückung beendet sind. Der Kampf um diese Gesellschaft kann nicht von einem militarisierten „bewusstesten Vortrupp“ von „Berufsrevolutionären“ geführt werden. Eine Bewegung, die eine solche „Avantgarde“ akzeptiert, wird zum Schluss von ihr vergewaltigt werden, wie das so oft in der Vergangenheit geschehen ist Wir wollen nicht von bewaffneten Berufsrevolutionären geschützt werden. Wir schützen uns selbst, nicht mit militärischen Mitteln, sondern mit der oft verhöhnten Kraft der Schwachen, mit der wir schon einmal ein Regime besiegt haben. Wir denken mit dem Kopf und fühlen mit dem Bauch, nicht umgekehrt.

Es geht uns nach wie vor um die Auflösung der NA-Zentrale in der Weitlingstraße und das Verbot der NA. Das kann aber nur ein Anfang sein. Es geht nicht nur darum, dass sich die Bürgerinnen endlich wieder auf der Strasse sicher fühlen können. Weit wichtiger ist ein systematisches Programm zur gesellschaftlichen Sozialisation von Zehntausenden dissozial isierter Jugendlicher, die im Moment nur von Nazis „betreut“ werden. Diese unselbständigen und autoritätsgläubigen Jugendlichen sind das schwere Erbe, das uns. das Erziehungssystem des alten Regimes hinterlassen hat. Was in deren Köpfen an Unrat wuchs, kann nicht mit militärischer Gewalt beseitigt werden, sondern nur mit zäher, geduldiger Arbeit. Ein wesentliches und bisher völlig fehlendes Fundament der Arbeit der Antifa-Gruppen muss deshalb Informationsarbeit in Schulen, Jugend- und Freizeitzentren und anderen Orten sein, an denen Jugendliche erreichbar sind, die Erstellung von Material für interessierte Lehrer und Sozialarbeiter, alle möglichen Formen von Öffentlich­keitsarbeit

Ein Diskussionsprozess über das Verhalten bei Demonstrationen muss dringend geführt werden. Dabei wird man/frau sich von Leuten trennen müssen, die gleichgültig in der Wahl ihrer Mittel sind. Der Zweck heiligt eben nicht die Mittel. Die angewandten Mittel müssen dem Ziel entsprechen.

Umwelt-Bibliothek Berlin

Die Antifaschistische Demonstration in Berlin-Lichtenberg, am 24. Juni 1990, Teil2

– erschienen in der Zeitschrift telegraph, Nr. 13/90, vom 6. August 1990 –

Ein denkwürdiges Dokument

Fraktion der CDU                      Datum der Tagung
der Stadtbezirksversammlung           9. Juli 1990
Berlin-Lichtenberg

Antrag der CDU Fraktion

Betr.: Beschluss zur Einleitung notwendiger Massnahmen gegen den Radika­lismus im Stadtbezirk Berlin-Lichtenberg Die Stadtbezirksversammlung wolle beschliessen: (Auszug)
3. Die Stadtbezirksversammlung ersucht den Stadtrat für Inneres Ermittlungen gegen die Organisationen einzuleiten, die sich hinter der Bezeichnung „Antifa-Info-Telefon 2292912“ verbergen, die mit einer Flugblattaktion (siehe Anlage) die Verantwortung für die Ausschreitungen vom 23. Juni 1990 übernommen hat und zu weiteren terroristischen Aktionen aufruft.
Die zuständigen Stellen beim Magistrat bzw. bei der Volkskammer werden ersucht im Ergebnis der Ermittlungen die notwendigen Schritte gemäss Vereinigungsgesetz 3 Absatz 2 und 21 einzuleiten.

Den Antrag haben PDS und SPD unterstützt!!

Auszug aus dem Antifa-Flugblatt auf den sich der CDU-Antrag bezieht!

In Gesprächen mit Anwohnerinnen und Anwohnern haben wir erfahren, dass die Vermummung der Demonstrationsteilnehmerinnen und –teilnehmer kritisiert wurde. Wir wissen aber, dass die Faschisten „Schwarze Listen“ mit Fotos von aktiven Antifaschistinnen und Antifaschisten anfertigen. Deshalb mussten wir aus Gründen des Selbstschutzes unsere Gesichter verhüllen.

Ein anderer Kritikpunkt waren die Sprühereien an Häuserwänden. Wir finden, dass die Notwendigkeit des antifaschistischen Kampfes nicht oft genug ins Bewusstsein der Menschen gerückt werden kann. Sollte uns allen nicht der Kampf für eine Welt ohne Nazis wichtiger sein als eine saubere Hauswand ?

Anmerkung:

Die CDU hat weiterhin einen Antrag eingebracht, indem die Veranstalter der Antifa-Demo zum Schadenersatz bezüglich der Schäden der Lichten­berg-Demo in Höhe vom 80 000 DM zur Verantwortung gezogen werden sollten. (Unterstützt von PDS/SPD)

Kein Forum für Faschisten

Dialogspiele im Nachfeld der Lichtenberger Demonstration

Nach der umstrittenen Antifa-Demo in Lichtenberg kam es zu Distanzie­rungen und Diffamierungen seitens der meisten Bündnisgruppen und zu einer notwendigen Auseinandersetzung innerhalb der Demoteilnehmerinnen.

Die faschistische Zentrale in der Weitlingstr. 122 besteht trotzdem weiter. Populistisch und bürgernah versucht die „Nationale Alternative“ sich einen Schafspelz anzulegen.

Die nach der Demo vom Innensenator Thomas Krüger so gelobten Verhandlungen mit der NA und WOSAN und ihrer Zusage des freiwilligen Auszugs aus der Weitlingstrasse erscheinen als gutorganisierter Flop. Die jetzigen Bewohnerinnen in der Weitlingstrasse gedenken nicht, freiwillig zu gehen. In dieser Situation kam es darauf an, den Faschisten in Lichtenberg keinen Stich zu lassen, die fasch. Zentrale zu räumen und die begonnenen Kontakte mit den Ausländerinnen zu intensivieren.

In einer Situation, wo nachlassende Wachsamkeit und zurückgehende antifaschistische Organisierung zu solchen Ereignissen führen, wie nach dem WM-Fussballendspiel, als sich nach dem „totalen Sieg“ Hooligans und faschistische Skins viel zu lange im Prenzlauer Berg und den anderen Stadt­teilen rumtreiben und randalieren konnten.

In dieser Situation spukte (spukt?) eine Forderung in den Köpfen von Bündnismenschen und Kultur-„Autonomen“ herum – Dialog mit Faschisten!

Genau dies wollten einige Leute im Podiumsgespräch unter der Überschrift „Antifaschismus und Terrorismus – Eisenstangen und Leuchtgeschosse“ öffentlich vorführen. Die Initiatoren dieser Diskussionsrunde waren Radio P, Leute von Tacheles (Multikulturelles Zentrum), Jugendverband RAJV (der wohl noch 3 Mitglieder hat) und Bärbel Bohley. Die Diskussions-„Kontrahenten“ sollten ein Einsatzleiter der VOPO aus Lichtenberg und zwei Faschisten der Nationalen Alternative (NA) sein.

Einen Tag vor der Veranstaltung, am 12. 7., trafen sich die verschiedenen Antifa-Gruppen und andere unabhängige Menschen zur Koordinierung zur Verhinderung der geplanten Veranstaltung. Es kam zu harten Auseinan­dersetzungen mit Vertretern aus dem Tacheles und von Radio P.

Die Diskussion war gereizt und die Dummheit oder gewollte Taktik der Organisatoren erschreckend.

Ein Kompromissvorschlag der Antifas, das Podium umzustellen, Poli­zei und Faschisten rauszuschmeissen und dann gemeinsam über antifaschistische Selbstorganisierung zu reden wurde von den Organisatoren ignoriert.

Dann nahm Jutta Braband (VL), ihre Zusage zurück – sie wusste nichts von einer Beteiligung von Faschisten am Podium. Bärbel Bohley lehnte die Teilnahme ab, da für sie die „Ausgewogenheit“ der Podiumsbesetzung nicht gegeben war, da die Autonomen nicht mitmachten. Das und der Entzug der Raumerlaubnis in der Akademie der Künste durch den dortigen Vorstand und die angekündigte Blockadeabsicht brachte die Organisatoren nicht zum Einlenken. Sie versuchten weiterhin, an ihrem Konzept festzuhalten.

Am 12. 7., eine Stunde vor Beginn der geplanten Veranstaltung fand vor der Akademie die angekündigte Gegenkundgebung statt. Viele hatten über Medien von der Absage der Veranstaltung gehört, aber 200 Leute kamen noch gut zusammen.

Die Aktion war durch das Nichtstattfinden der Veranstaltung ein Erfolg.

Diese Veranstaltung hätte den Faschisten ein Podium geboten, von dem aus sie ihre menschenverachtende Propaganda verbreiten hätten können und die NA als akzeptabler Gesprächspartner wäre zu einer gesellschaftlichen Gruppe im „demokratischen Disput“ aufgewertet worden.

Es ist klar, dass sich die Faschisten auf eine menschenverachtende Ideologie berufen. Mit Befürwortern von Massenmord und Angriffskriegen ist ein Dialog nicht möglich. Trotzdem ist die Auffassung, dass mit organisierten Faschisten öffentlich diskutiert werden kann und soll leider weit verbreitet.

Das Thema Faschismus wird zu eine Art Jugendbandenkrieg verfälscht Der Faschismus wird auf ein Randproblem reduziert, Rassismus, Nationalismus und Sexismus damit geschützt und geduldet.

Zur Fussball-WM wurde „Sieg-Sieg-Sieg“ und „Sieg heil“ gegrölt, Ausländerinnen wird der Arbeitsvertrag gekündigt, an der Grenze nach Süden und Osten wird eine neue Mauer errichtet.

Wo Nationalismus Staatspolitik ist, Rassismus Tugend, dort werden die „NA“ und andere faschistische Gruppierungen bald akzeptabler Koalitionspartner sein. Menschen, die sich dagegen wehren, werden kriminalisiert und diffamiert. Praktischer Antifaschismus ist zur Zeit leider aar Abwehrkampf. Das direkte Vorgehen gegen Nazis, da wo sie auftreten, greift nicht gegen gesellschaftliche Tendenzen wie Arbeitslosigkeit. Wollen wir über dieses Verhältnis hinauskommen – wollen wir dem Faschismus jegliche Grundlage entziehen, müssen wir grundsätzliche gesellschaftliche Veränderungen erreichen. Die Diffamierungskampagne, die nach der Lichtenberger Antifa-Demonstration einsetzte und die verschiedenen

Bei einer antifaschistischen Gegendemo zum Aufmarsch der faschistischen. Nationalen Front gingen katholische und evangelische Kirche gemeinsam mit Schwulen, Lesben, Alternativen und Anarchos. Den Demoschutz organisierte ERA-Symphatisanten. Antifas griffen währendessen den Nationalen Front Aufmarsch an. Die gegenseitige Akzeptanz unter­schiedlicher Aktionsformen ohne Diffamierung und Spaltung lässt eine gesellschaftliche breite antifaschistische Aktionsfront entstehen. Sie waren und sind sich in einem wesentlichen Punkt einig und setzen es in Praxis um -keinen Fussbreit den Faschisten – kein Forum für Faschisten.  d.t.

Neubeginn – Arbeitskreis für deutsch-alternative Politik, oder ein weiterer Schritt zur neuen rechten Sammlungsbewegung

– aus Zeitschrift telegraph, Nr. 16/90, vom 23. November 1990 –

Wurde bereits im telegraph 14 versucht, den Filz der neuen faschistischen Organisationen, mit dem Schwerpunkt internationale Kontakte offenzulegen und in diesem Zusammenhang die Verstrickung der Nationalen Alternative näher zu beleuchten, so soll es hier um die Neuorganisierung der neofaschistischen Gruppen in Deutschland, deren Zusammmenarbeit mit neuen und alten Rechten, mit rechtsextremen Parteien und dem rechten Flügel von CDU/CSU gehen.

Dazu muss zurückgegangen werden zum 5.Mai 1989, zur Geburtsstunde der „Deutschen Alternative(DA)“. An diesem Tag wurde die DA, als Idee der FAP/NL/VAPO-Aktivisten Kühnen, Worch, Küssel geschaffen.

Im Dezember 1989 wurden bereits die ersten Ortsgruppen in Cottbus und Dresden gebildet. Im Januar 1990 veröffentlichte Kühnen in der Nazischrift „Die Neue Front“ Nr. 101 eine detaillierte Aufbauanweisung für die damalige DDR- den „Arbeitsplan Ost“. Die sich anbahnenden Probleme, bezüglich der Registrierung (einen DA gab es zu diesem Zeitpunkt bereits, nämlich de Demokratischen Aufbruch), wurden dort bereits berücksichtigt. Und zwar wi geplant, dass im Fall der Nichtregistrierung eine Deckorganisation geschaffen werden soll, Zitat:“…Die dann entstehende Partei, wird die DA sein, aber sie wird eben unter einem anderen Namen auftreten…“.

Auf Grund des Vorhandenseins des Demokratischen Aufbruchs, war die Anmeldung in Cottbus und Dresden, als auch in Rostock und Berlin nicht möglich. Letztgenannte Ortsgruppen bildeten sich im Januar 1990.Dieses, zu diesem Zeitpunkt nicht zu lösende Problem, bildete die Grundlage für das Erscheinen der „Nationalen Alternative (NA)“.

Am 1.2.1990 wurde die NA in Berlin gegründet und kurz danach unter der Nummer 39/90 registriert.

Am 16. März 1990 gründete sich in Westberlin die „Deutsche Alternative Mitteldeutschland (DDR)“. Auf Grund des Umstands, dass der Demokratische Aufbruch in die CDU überging, konnte die DA/Mitteldeutschland im September 1990 registriert werden.

Damit war die Rolle und Funktion der NA hinfällig. Die Folge ist, dass sie sich derzeit im Auflösungsprozess befindet. (Neue politische Zentrale ist, wie auch ursprünglich geplant, Cottbus.) Damit verliert auch das Haus Weitlingstr 122 an Bedeutung. Die politischen Führer haben bereits das Haus verlassen. Sämtliches Parteimaterial ist schon seit Monaten ausgelagert Die Bewohnerzahl geht zurück. Zurzeit sollen nur noch drei Wohnungen, hauptsächlich von Jungfaschos bewohnt sein. Der Rest dient nur noch als sogenannte „Kameradschaftswohnungen (Unterschlupf für auswertige Nazis bei Aktionen, Treffen, etc.).

Unabhängig von diesen Tatsachen gibt es noch andere Gründe, für den Bedeutungsverlust der Weitlingstr. 122. Zum einen ist das Haus zu bekannt und auf Grund intensiver Aktionen von Antifaschistinnen und autonomen Linken stark unter Druck. Zum anderen gab und gibt es aufreibende Konflikte innerhalb der NA und mit den Berliner Fussballhooligans. Der Konflikt mit den Hools macht sich an zwei Punkten fest. Zum einen, dass Hooligan-Führer wie zum Beispiel ein gewisser Voigt, der noch 1987 mit den jetzigen NA-Führern Hasselbach, Lutz und Richert in der „Bewegung 30Januar“ zusammen war, nun nicht an der Macht beteiligt wurde, weil er zu gewalttätige Auftritte hatte (er ist für seine Brutalität berüchtigt), und zum anderen weil die Hools kein Interesse an festen hierarchischen Machtstrukturen haben und ihre Kontakte mehr in Richtung Nationalistische Front (nationalistische Bewegung von unten, in ihrer Propagandasprache), gehen. Daraus erklärt sich, dass es immer wieder Angriffe von Hools auf NA-ler gibt und seitens der Hooligans des Öfteren Angriffe auf die Weitlingstrasse 122 angekündigt wurden.

Der zweite Konflikt ist mehr ein NAinterner, ideologischer. Nämlich der Streit zwischen Nationalrevolutionären und Nationalsozialisten. Dieser Streit ist gerade in Deutschland historisch. Führte er doch 1934 zum sogenannten Röhm-Putsch. Vertreten die Ostler (Hasselbach) mehr den nationalrevolutionären Ansatz der damaligen SA-Führer Röhm und Strasser, so sind die West-„Kameraden“ (Küssel/Reinthaler) getreu ihrem Führer Michael Kühnen, voll auf der nationalsozialistischen Linie von Hitler und Göhring.

Ein ähnlicher Konflikt existiert schon seit Jahren innerhalb der Freiheitlichen Arbeiterpartei (FAP). Zwischen dem Flügel Mosler/Busse (Nationalrev.) und dem Hügel Kühnen/Worch (Nationalsoz.) In diesem Zusammenhang kann auch der Fakt stehen, dass der zweite Überfall auf die Wohnung von Worch in Hamburg (der erste wurde von Antifas durchgeführt) von Leuten des FAP-Mosler/Busse-Flügels ausgeführt wurde, da Worch in einem internen Rundbrief erklärte, dass er im Besitz von Materialien sei, die bei Veröffentlichung der FAP ein Ende setzen würden und dazu aufrief, die FAP zu verlassen und in die DA einzutreten.

Ein weiterer Punkt für den Streit in der NA ist, dass viele im Haus in der Weitlingstrasse Unmut über den Führungsstil und den Drill der „Westler“ zeigen und daher langsam wieder abdriften (Mit den deutschen Tugenden scheint es bei den „Kameraden der Weitlingstrasse auch nicht weit her zu sein).

Doch kehren wir zurück zur NA/DA und der weiteren Vernetzung der Rechten Kräfte. Eine andere Strukturbildung vollzog sich bereits am 18.3.1990. In Berlin schlössen sich an diesem Tag die FAP/Berlin, Wotans Volk und die NA zum „Berliner Block zusammen. Damit ist eine erneute Vernetzung perfekt. Hasselbach als neuer Führer der NA, ist gleichzeitig stellvertretender Führer der DA. Oliver Schweigert ist im Berliner Block Vertreter der DA, gleichzeitig hat er eine führende Position in der FAP/Berlin inne. Die Logistik des Berliner Blocks übernahm Wotans Volk, dessen Mitglied Arnulf Priem ebenfalls in der NA ist. die VAPO-Leute Küssel/Reinthaler sind politische Instrukteure der NA, und stehen wiederum in ständigen Kontakt zu Kühnen/FAP.

Die gesamte Vernetzung aller faschistischen Gruppen, rechten Bewegungen, Personen, bis hin zum rechten Rand der CDU/CSU, läuft über ein Gebilde, dass sich „Neubeginn- Arbeitskreis für deutsch-alternative Politik“ nennt Neubeginn ist ein dezidiertes Vernetzungssystem, das durch fünf Hauptstränge läuft, zwischen denen dann verschiedene Querverbindungen laufen.

Die Hauptstränge sind:
1. Der Berliner Block, plus der DA/Mitteldeutschland;
2. neofaschistische Organisationen wie NL, FAP, NSDAP/AO;
3. die Neuen Rechten, die da sind Publizisten, Wissenschaftler;
4. Organisationen rechts der Unionsparteien, die da sind Reps, NPD, ÖVP, DVU- Liste D;
5. der Alten Rechten, ehern Nazis, Überbleibsel rechter Org. der 50/60-iger Jahre (soz. Reichspartei). Die drei letztgenannten Stränge halten dann die Kontakte zur CDU/CSU.

Um das etwas näher zu beleuchten, einige Beispiele:
1. Neue Rechte – CDU/CSU. Kontakte laufen z.B. über Caspar Freiherr von Schrenck-Notzing, Herausgeber der Zeitschrift „Criticen“, veröffentlicht im CSU-Blatt Bayernkurier, dem rechtsgerichteten Deutschlandmagazin und der neofaschistischen Nation Europa und Armin Mohler, 1942 nach Deutschland gekommen um in die SS einzutreten, Autor in „Die Zeit“, „Christ und Welt“ (1949-53), „Welt“, „Welt m Sonntag“, „Bayernkurier“, nach 1965 in der faschistischen Nation Europa, der italienisch/faschistischen „La Destra“ nach 1972 und der französische/faschistischen „Novelle Ecole“. Ein Bindeglied zwischen CDU/CSU und Neue Rechte ist der Neue Deutsche Nationalverein.

2. Organisationen rechts der Unionsparteien – CDU/CSU
Direkte Kontakte zwischen Repvs/DVU und CDU/CSU laufen z.B. über Heinrich Lummer. Indirekte Kontakte über die Alte Rechte zu den Repvs laufen z.B. über: Prof. Emil Schley, 1967 Beitritt zur CDU, ehem. Abgeordneter des Landtages Hessen, trat unter anderem am 2.6.1977 als Redner auf einer Veranstaltung des Stahlhelms auf. Heute Mitglied der Reps

3. Alte Rechte – CDU/CSU
Persönliche Kontakte liefen und laufen z.B. über H. Lübke, Filbinger. Manfred Wörner CDU, Generalsekretär der NATO, ehem. Mitglied im Bundestag, ehem. BRD- Verteidigungsminister, 1975 Redner auf einem HIAG-Treffen, unterstützte 1988 brieflich die Teilnahme des ex. Nazi-Offiziers Rudel an einem Treffen eines Bundesluftwaffengeschwaders. Elmar Pirot, Stadtrat der CDU beim Magistrat von Berlin/Ost sagte 1977 über den Chile-Putsch: Die chilenischen Putschisten haben, „…in einer feige gewordenen westlichen Welt, eine drohende kommunistische Diktatur verhindert.“

Querverbindungen laufen auch zwischen neuen und alten Rechten. Bindeglied ist die Unterschriftensammlung:“Stop des Bundestags-Neubaus“(Quel-le für die Kontakte zur CDU/CSU: Wer mit Wem, Bundbuchverlag GmbH, 1.Auflage 1981)

Weitere Kontakte laufen z.B. zwischen:
Junge Union – Junge Nationaldemokraten,
Junge Union Berlin – Nationale Alternative,
Junge Union – Deutsche Alternative.

Eine logische Querverbindung besteht zwischen faschistischen Parteien der alten BRD und der Mitteldeutschen DA sowie der NA. Die gemeinsame Geschäftsstelle von „Neubeginn“ befindet sich in München. „Neubeginn“ bezeichnet sich selbst als Wahlbündnis. Da ein derartiger Name auf keiner Wahlliste erschienen ist, ist eher wahrscheinlich, dass über „Neubeginn“ Wahlabsprachen und Strategien geklärt werden, da stets Einzelorganisationen von „Neubeginn“ zur Wahl antreten und keinerlei Dopplung erfolgt. So tritt die DA in Nordrhein-Westfalen an, aber nicht in Sachsen, obwohl sie es könnte. Auch die Repvs treten nicht in Sachsen an. Dafür aber die NPD. So trat in Frankfurt/Main die NPD an. Dafür nicht die Reps obwohl auch sie dazu in der Lage wähnen. So unterstützte die DVU das Wahldebüt der Reps finanziell und verzichtete selbst auf eine Wahlbeteiligung. Nur einige Beispiele die dieses koordinierte Vorgehen beweisen.

All diese Fakten belegen, dass es in der gesamten BRD, einschließlich der ehem. DDR eine fast einheitlich handelnde Rechte gibt, die bestrebt ist, sich immer perfekter zu organisieren und dabei stets bestrebt ist, über ein Organisationswirrwar ihre Aktivitäten zu verschleiern. Dem kann nur eine starke antifaschistische Selbstorganisierung entgegenstehen und eine Mobilisierung und Sensibilisierung der Menschen in diesem Lande. Verbote bringen hierbei überhaupt nichts. Nur das Anpacken der Wurzeln und die Beseitigung der politischen und sozialen Ursachen nimmt Faschisten und Ultra-Rechten die Grundlage für ihre Existenz und ihre Propaganda.

d.w.

Antifaschistischer Sommerkalender

– aus Zeitschrift telegraph, Nr. 13/90, vom 8. August 1990 –

Das sogenannte „Sommerloch“ fällt in diesem Jahr für die Antifa-Bewegung aus.

Am 9.8. beginnt die Fußball-Bundesliga in Berlin mit dem Spiel Herta BSC 19
gegen FC St. Pauli. Die Besonderheit dabei ist, dass Herta einen mehrere hundert Personen starken Fascho-Anhang hat, St. Paulis Fans dagegen mehrheitlich links und antifaschistisch sind. St. Pauli ruft alle Linken und Antifas auf, gemeinsam mit ihnen einen starken antifaschistischen Block im Olympia-Stadion zu bilden. Nähere Infos sind im Westberliner besetzten Haus Marchstr. zu erhalten.

Weiter geht es dann am 12.8. An diesem Tag soll ein weiteres Fußballspiel zwischen Herta BSC und dem 1.FC Union, diesmal im der Ostberliner Alten Försterei, stattfinden. Es ist dabei wieder mit Großen Fascho-Zusammenrottungen sowie Ausschreitungen zu rechnen. Hauptgefährdet sind besetzte Häuser, linke Treffs und Ausländerinnen.

Am 18.8. wird es in Wunsiedel (BRD) im Zusammenhang mit einer geplanten Ehrung des Naziführers Rudolf Hess voraussichtlich zu einer massenhaften Faschistenzusammenrottung kommen. Hess war der Stellvertreter Hitlers, bis er sich nach England absetzte. Er wurde dann von den Alliierten bis zu seinem Tod in Berlin-Spandau gefangen gehalten. Hess wird von den faschistischen Banden als Märtyrer verherrlicht. Dazu ist eine BRD/DDR -weite Gegenaktion geplant

Nähere Infos zu all diesen Terminen sind in Ostberlin im Infoladen Bandito Rosso, oder im Infoladen Mainzer Straße 5 zu erhalten. Zeigen wir den Faschisten, dass auch der Sommer nicht ihnen gehört
d.w.

Rassistische Polizei

– Aus Zeitschrift telegraph, Nr. 13/90, vom 6. August 1990 –

Rumänischen Flüchtlinge auf den Berliner Ostbahnhof, 1990
Rumänischen Flüchtlinge auf den Berliner Ostbahnhof, 1990 – Fotoquelle: http://telegraph.cc

Berlin/Ost – Hauptbahnhof, in der Nacht vom Samstag zu Sonntag (28729. Juli), in den Zeit zwischen 22 und 1 Uhr, greifen 6 Faschisten die im Bahnhof kampierenden bulgarischen und rumänischen Flüchtlinge an.
Daraufhin ziehen starke Polizeikräfte mit Helm,Schild, Knüppeln und Hunden im Bahnhofsfoyer auf.

Aber statt die Faschisten zu verjagen, prügelten und traten die Polizisten die rumänischen Frauen, Kinder und Männer brutal aus dem Bahnhofsgebäude und dem Bahnhofsgelände. Panisch flüchteten sich die Rumänen und Bulgaren mit ihrer spärlichen Habe auf den Mauerstreifen (Nähe Köpenicker Strasse) 13 Bulgaren wurden festgenommen.
Westberliner und Ostberliner Polizei verhinderten gemeinsam, dass die Flüchtlinge Westberliner Territorium betraten. Herbeieilende Antifas wurden auf dem Hauptbahnhof von den Staatsschützern beschimpft und ihnen wurden Prügel angeboten.

Die Flüchtlinge mussten sich die ganze Nacht auf dem Grenzstreifen aust Angst vor Nazis und Polizisten verkriechen. Die Terrorüberfälle der “Volkspolizei“ auf rumänische Flüchtlinge, die als einziges grauenvolles Übernachtungsquartier Bahnhöfen haben sind in den letzten Tagen „Normalzustand“ geworden.

Rassismus scheint Staatspolitik geworden zu sein. Am Freitag, den 27. Juli wurden gegen 21 Uhr schlafende Bulgaren und Rumänen aus dem Hauptbahnhof geknüppelt. Sie sammelten sich auf dem Parkplatz vor dem Bahnhof. Die Polizei rückte an und trieb die Leute mit Tränengas und Wasserwerfern auseinander. Am 21. 7. versuchte die Bahnpolizei Polen am Aussteigen aus einem Zug aus Warschau zu hindern. Die Leute drängten trotzdem aus dem Zug. Daraufhin ging die Polizei mit Wasserwerfern, Gas, Hunden und Knüppeln vor. Bezeichnend auch, dass darüber in den Medien kein Wort zu sehen war.

Noch kurz zu den in letzter Zeit ausgestreuten Gerüchten über Zwistigkeiten zwischen Flüchtlinge und Ausländerinnen in Westberlin und andererseits Neuankömmlinge“ aus Ostberlin. Zwei Autos mit Türken fuhren auf dem Grenzstreifen und verteilten an die rumänischen Flüchtlinge Getränke.
d.t.