– aus BesetzerInnen Zeitung, Nr. 00, vom 6. August 1990 –
Ihren Vorschlag zu einem Dialog zwischen der faschistischen „Nationalen Alternative“ und den „Autonomen“ halten wir für falsch und gefährlich. Aus unserem antifaschistischen Selbstverständnis ergibt sich, dass wir uns zu keinem Zeitpunkt und unter keinen Umständen mit Nazis an einen Tisch setzen werden.
Dazu erklären wir:
1. Der Versuch das Problem des erstarkenden Neofaschismus in der DDR und in der BRD auf das Niveau von rivalisierenden Jugendbanden zu reduzieren, ist demagogisch. Der Straßenterror, der von faschistischen Gruppierungen wie der NA, FAP, den Hooligans usw. ausgeht, ist eine Spielart des momentan stattfindenden Rechtsruckes, welcher in der sozialen und ökonomischen Unsicherheit begründet liegt. Besonders ekelhaft wird dieser Rechtsruck durch den geschürten Vereinigungstaumel, der Chauvinismus jedweder Prägung nach oben spült. Daran wird wieder deutlich, dass in der DDR wie in der BRD keine ehrliche und umfassende Auseinandersetzung mit dem Faschismus stattgefunden hat.
Es geht also nicht um einzelne Faschisten, es geht nicht darum, wer von denen wann wen zusammengeschlagen hat, sondern wir müssen den Faschismus als dem kapitalistischen System innewohnend begreifen.
In diesem Sinne ist ein Podium von dem herab die Nazis ihre Propagandaleitsätze verkünden, nicht nur unnütz, sondern gefährlich. Es dient dazu, redegewandte Vertreter dieser Ideologie salonfähig zu machen, das Beispiel Schönhuber zeigt dies.
2. Uns Bewohnerinnen der Mainzer Str. mit den Nazis der Weitlingstr. gleichzusetzen ist politisch unverschämt und moralisch verkommen, weil die Nationale Alternative und deren Anhänger sich‘ in der Tradition der SA und somit des Völkermordes und der Barbarei des NS-Regimes verstehen. Diese Gleichsetzung macht Glauben, es gebe kein Faschismus- sondern ein “Radikalenproblem“; bezeichnend ist dabei, dass Sie dieses Thema erst aufgegriffen haben, nachdem Linke, Ausländerinnen, Schwule, Lesben u.a. begonnen haben, sich selbstorganisiert zu wehren.
3. Offensichtlich geht es Ihnen also für sich und Bündnis 90/ Grüne um einen Profilierungsversuch im beginnenden Wahlkampf. Auch Veranstaltungen wie die “Talkshow mit fechten und linken Jugend¬lichen“ mit dem bezeichnenden Titel “Mit Eisenstangen und Brandbomben“ passen in diese Schiene!
Wir lassen uns vor diesen Karren nicht spannen!
Wir werden uns weiterhin gegen den Naziterror wehren. Unsere Solidarität gehört dabei all denen, die durch Faschisten ebenfalls bedroht sind.
Das Straßenplenum der besetzten Häuser Mainzer Straße
Berlin- Friedrichshain, den 11. Juli 1990